Das Wort Tausendsassa passt auf wenige Menschen so gut wie auf Johannes B. Kerner. Man braucht so einige Hände, um die vielen Shows, Sportsendungen, Talkformate, Galas und Events abzuzählen, die der Hamburger seit Anfang der 1990er Jahre vor allem für das ZDF und Sat.1 moderiert hat. Von «ran» (Sat.1) über den ZDF-Talk mit seinem Namen bis zu «Der Quiz-Champion» im Zweiten. Nun wird der Moderator, Journalist, Sportexperte und Showmaster 60 Jahre alt.
Die Moderation auf der Mülltonne
Da kommt man natürlich ins Nachdenken. «Allen wissenschaftlichen Forschungen zufolge bin ich zu der traurigen Erkenntnis gelangt, dass nun Halbzeit ist. Doch ich bin wild entschlossen, die nächsten 60 klug zu wuppen», erklärt Kerner, typisch gut aufgelegt, im Interview der Deutschen Presse-Agentur.
Sieht er sich als den viel gescholtenen alten weißen Mann? «Ehrlich gesagt geht die Diskussion komplett an mir vorbei», sagt der TV-Star. «Das ist mir zu sehr Schublade.» Den aktuellen Kinofilm von Simon Verhoeven, «Alter weißer Mann» mit Jan Josef Liefers, wolle er sich allerdings anschauen.
Beruflich hatte Kerner immer ein festes Ziel vor Augen: «Ich wusste schon zu Grundschulzeiten, was ich werden wollte – Sportjournalist beim Fernsehen. Hab‘ meine Kumpels damit genervt, dass ich es kommentiert habe, wenn wir auf den Mülltonnen herumgekickt sind», erinnert er sich und schmunzelt.
Gerade hat das ZDF seinen Vertrag verlängert
Seine Helden hießen Heribert Faßbender und Ernst Huberty. Er findet Sport faszinierend, auch die Präsentation. «Das Gefühl, nah dran zu sein und den Schweißgeruch aus den Kabinen zu riechen. Genauso der Duft von Bratwurst und Bier und ehrlicher Atmosphäre.»
Für ein Praktikum beim damaligen Sender Freies Berlin ließ Kerner sein BWL-Studium sausen – und startete durch. «Ich bin demütig und dankbar für all die Chancen, die ich in meinem Berufsleben bekommen habe. Auch für all das Private, die ich erleben darf», sagt der seit Anfang des Jahres zum zweiten Mal verheiratete Vater von vier Kindern.
Dabei blickt Kerner nach eigener Aussage lieber nach vorn als zurück. «Für mich ist die nächste Runde immer die interessanteste. Ich bin nämlich vor allem interessiert an den Vorgängen an sich – was nun wieder Überraschendes passiert. Immer mitzudenken und mitzufühlen. Man denke nur an die Neuwahlen im Februar – die hatte man ja vor vier Wochen noch nicht auf dem Papier. So etwas finde ich wahnsinnig aufregend», erklärt der Hamburger, der privat regelmäßig Bundestagsdebatten verfolgt, sein Lebensgefühl.
Dazu passt wohl, dass er es – von einer Ausnahme abgesehen – nie auf eine Festanstellung abgesehen hatte: «Ich habe mich immer sehr wohlgefühlt mit der Freiheit. Hatte auch nie einen Manager – habe immer alles, auch alle Fehler, selbst gemacht.» Und er ist gut im Geschäft. Gerade hat das ZDF seinen Vertrag verlängert – bis Ende 2027.
Bei 95 Prozent der Sendungen hatte er Spaß
Was hat sich seit den 1990er Jahren geändert in der TV-Branche? «Wie überall im Leben ist sehr viel Tempo hineingekommen. Es muss alles schneller gehen, die Fristen sind kürzer», antwortet der Medienmann. «Überall gibt es so eine Grundvibration – sodass man sich manchmal fragt, ob es nicht besser wäre, erst mal zu denken. Den Kopf einzuschalten, bevor man redet.» Dann setzt er hinterher: «Trotzdem gibt es wahnsinnig schöne TV-Höhepunkte – etwa bei Sportübertragungen, im Unterhaltungssektor und in den Nachrichtenendungen der Öffentlich-Rechtlichen.» Man müsse einfach näher hingucken und gut auswählen.
Wie erklärt er selbst seinen Erfolg beim Publikum? Kerner denkt kurz nach. «Ich bereite mich wahnsinnig gerne sehr intensiv auf alle Sendungen vor. Erstens aus Respekt gegenüber den Sachinhalten, den Kolleginnen und Kollegen und natürlich den Zuschauern. Und dann ist da noch diese unbändige Lust, etwas zu machen. Ich kann für mich in Anspruch nehmen, dass ich bei 95 Prozent aller Sendungen, die ich gemacht habe, extremen Spaß hatte.»
Zuweilen musste Kerner auch Kritik einstecken – etwa für diverse Werbetätigkeiten, während er für einen öffentlich-rechtlichen Sender gearbeitet hat.
Christlicher Glaube als Fundament
Ein Fundament in seinem Leben bilde der Glaube. «Ich bin Christ – respektiere natürlich aber auch alle anderen Religionen. Werte meines katholischen Glaubens wie Nächstenliebe und Solidarität spielen für mich eine große Rolle.»
Dennoch sei er, dessen B. im Namen für den Vornamen «Baptist» (der Getaufte) steht, mit 18 Jahren vorübergehend aus der Kirche ausgetreten. «Immer, wenn ich draußen war, fühlte ich mich von der Kirche angezogen. Und immer, wenn ich Mitglied war, fühlte ich mich angesprochen, sie zu kritisieren. Denn neben vielen tollen Sachen passieren dort bekanntlich auch sehr traurige Dinge.»
Gute Dinge zu bewegen, dabei hilft Kerner seit 2013 mit der alljährlichen Moderation der Spendengala «Ein Herz für Kinder», ein festes Charity-Event im Dezember. Das Jahr 2024 wird auch mit dem vielbeschäftigten TV-Star zu Ende gehen: Er präsentiert er zu Silvester gemeinsam mit Andrea Kiewel am Brandenburger Tor die große ZDF-Fernsehparty «Willkommen 2025».
Quelle: dpa