Gartenmärkte in Nordrhein-Westfalen dürfen sonntags neben Blumen und Pflanzen auch Dekoartikel und Christbaumschmuck verkaufen. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Urteil festgehalten. Der Verkauf stelle keinen Wettbewerbsverstoß dar, weil diese Produkte zum Randsortiment der Märkte gehörten, entschied der Karlsruher Senat. Als solche sei ihr Verkauf nach dem Ladenöffnungsgesetz NRW auch an Sonn- und Feiertagen zulässig.
Am höchsten deutschen Zivilgericht ging es um eine Gartenmarkt-Kette aus NRW, die vor zwei Jahren in der Vorweihnachtszeit an einem Sonntag neben ihrem Kernsortiment auch künstliche Tannenzweige, Zimtstangen, Glaskugeln und anderen Christbaumschmuck verkaufte. Die Wettbewerbszentrale hielt das für unlauter und klagte auf Unterlassung.
Schon in den Vorinstanzen hatte sie damit allerdings keinen Erfolg. Das Landgericht Bochum wies die Klage ab, die dagegen eingelegte Berufung wurde vom Oberlandesgericht Hamm zurückgewiesen. Die Kläger legten Revision ein – und scheiterten nun auch am BGH. (Az. I ZR 38/24)
Reichweite des Sonntagsverkaufs unklar
Der Wettbewerbszentrale sei es vor allem um eine Klärung der bisher interpretationsbedürftigen Rechtslage in Nordrhein-Westfalen gegangen, sagt deren Rechtsanwalt Alexander Strobel. Denn die Oberlandesgerichte in Hamm und Düsseldorf hätten mit Blick auf die Reichweite des erlaubten Sonntagsverkaufs in der Vergangenheit unterschiedlich entschieden.
Der nordrhein-westfälische Handelsverband begrüßte die Entscheidung. «Mit dem heutigen Urteil ist ein wichtiger Schritt der Anpassung der gesetzlichen Regelung an die Lebenswirklichkeit und Bedürfnisse der Menschen gemacht», sagte Hauptgeschäftsführer Peter Achten. Das Verfahren zeige jedoch, dass die Regelungen zur Sonntagsöffnung überarbeitet werden müssten. Diese gingen vielfach an den Konsum- und Freizeitgewohnheiten der Menschen vorbei. Sinnvoll sei unter anderem eine bessere Sortimentsdefinition.
Grundsätzlich eröffnet das Ladenöffnungsgesetz NRW einigen wenigen Geschäften die Möglichkeit, auch an Sonntagen ihre Waren zu verkaufen – so etwa den Gartencentern. «Unklar war immer mal wieder, wie weit dieses Privileg in das Sortiment von Wettbewerbern reicht, die an Sonntagen geschlossen halten müssen», sagte Anwalt Strobel.
Der BGH stellte nun klar: Zum erlaubten Randsortiment gehören solche Waren, die eine Beziehung zum Hauptsortiment haben, dabei aber eine untergeordnete Rolle einnehmen. Das sei bei den betroffenen Deko- und Weihnachtsartikeln erfüllt. Als «kleinteilige Accessoires» zu den angebotenen Pflanzen und Blumen hätten die Produkte «lediglich ergänzenden, in Umfang und Gewichtigkeit deutlich untergeordneten Charakter».
Bundesweiter «Flickenteppich» zu Ladenöffnungszeiten
Ob etwas zum Randsortiment gehört, richte sich nach dem hauptsächlichen Zweck der Ware – und nicht nach der darüber hinaus möglichen Nutzung. So komme es etwa nicht darauf an, dass die verkauften Zimtstangen auch zum Kochen oder die Glaskugeln statt am Weihnachtsbaum auch in einer Schale als Dekoration verwendet werden könnten, erklärte der Vorsitzende Richter Thomas Koch. Ebenso wenig sei erforderlich, dass die Produkte des Randsortiments zusammen mit Pflanzen oder Blumen gekauft werden.
Zuletzt stellte der Senat noch klar, dass es auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz im Grundgesetz verstoße, dass das Randsortiment nur in den aufgrund ihres Hauptsortiments privilegierten Verkaufsstellen an Sonn- oder Feiertagen verkauft werden darf – und nicht in anderen Geschäften. Die Differenzierung danach, ob das Kernsortiment den typischerweise an Sonn- und Feiertagen anfallenden Bedarf befriedigt, sei sachlich gerechtfertigt.
Ob das Urteil auch über NRW hinaus Auswirkungen haben wird, ist unklar. «Ähnliche Regelungen gibt es grundsätzlich auch in anderen Bundesländern», sagt Strobel. Allerdings sei bezüglich der gesetzlichen Vorgaben zur Ladenöffnung in Deutschland mittlerweile ein «relativ starker Flickenteppich» entstanden. Seit 2006 regeln die Länder ihre Ladenöffnungszeiten selbst. Das davor geltende Bundesgesetz gilt mittlerweile nur noch in Bayern.
Quelle: dpa