Bei den proeuropäischen Protesten in der Südkaukasusrepublik Georgien ist es zu schweren Gewaltexzessen gekommen. In sozialen Netzwerken waren Videos zu sehen mit brutalen Szenen: Gruppen maskierter Männer in schwarzer Kleidung griffen friedliche Menschen an, schlugen und traten auf sie ein. Auch eine Reporterin des oppositionellen Fernsehsenders TV Pirveli wurde zu Boden geschlagen. Die Polizei sah den Attacken zu, ohne einzugreifen, wie mehrere Medien berichteten.
Präsidentin Salome Surabischwili unterstellte der russischen Führung hinter diesen mysteriösen Attacken zu stecken. «Das russische Regime ist zurück an der Arbeit in Tbilissi», schrieb sie auf der Plattform X zu einem Video, auf dem schwarz gekleidete Männer auf einen Mann einprügeln. «Sie jagen Zivilisten auf deren Flucht vor dem Terror durch die Straßen, nehmen Politiker, Medien und Künstler ins Visier» Zudem brächen die Männer die Türen von Büros der Opposition auf und misshandelten die dort enángetrioffenen Politiker.»
Es ist der zehnte Tag in Folge, an dem Tausende Georgier gegen eine Entscheidung der Regierung protestieren, die Verhandlungen über einen EU-Beitritt bis 2028 aufzuschieben. Bereits in den vergangenen Tagen gab es Dutzende Verletzte und Hunderte Festnahmen bei den Straßenprotesten in der Hauptstadt Tiflis (Tbilissi). Auch in anderen Städten des Landes protestieren die Menschen gegen eine Abkehr vom prowestlichen Kurs Georgiens, das seit 2023 EU-Beitrittskandidat ist.
Ombudsmann fordert von Polizei Sicherheit für Bürger
Der georgische Menschenrechtsbeauftragte Lewan Iosseliani, der zuletzt schon Folter von Andersdenkenden im Gefängnis beklagt hatte, forderte die Polizei auf, unverzüglich auf die Gewalt zu reagieren und die Sicherheit der Bürger zu gewährleisten. Der Ombudsmann rief die Behörden auf, die Täter zur Verantwortung zu ziehen. Das Innenministerium kündigte Ermittlungen an. Im Fernsehen sagte Iosseliani, dass die Stimmung im Land bis zum «Siedepunkt» aufgeheizt sei.
Der Abgeordnete Mamuka Mdinaradse von der Regierungspartei Georgischer Traum erklärte, die Männer in Schwarz seien nicht im Auftrag der Führung im Einsatz. Sie hätten offenbar das Ziel, Unruhe und Chaos zu stiften. In Tbilissi protestierten auch zahlreiche Geistliche verschiedener Religionen gegen die Gewalt bei den proeuropäischen Protesten. Sie drückten ihre Solidarität mit den in die EU strebenden Demonstranten aus.
Demonstrationen dauern an
Mittlerweile demonstrieren die Teilnehmer nicht mehr nur für den EU-Beitritt und gegen Polizeigewalt, sondern auch für die Freilassung der Festgenommenen.
Auslöser der Proteste in der Südkauskasusrepublik war die umstrittene Parlamentswahl Ende Oktober. Die Regierungspartei Georgischer Traum wurde dabei erneut zur Siegerin erklärt. Die westlich orientierte Opposition spricht von Wahlfälschung und erkennt die Ergebnisse nicht an.
Quelle: dpa