Im Prozess um die versuchte Erpressung der Familie von Ex-Formel-1-Weltmeister Michael Schumacher haben der Hauptangeklagte und sein Sohn Geständnisse abgelegt. «Ich stehe dafür gerade. Ich habe den Scheiß gebaut», sagte der 53-jährige Wuppertaler beim Prozessauftakt am Wuppertaler Amtsgericht. Zum Anwalt, der Corinna Schumacher als Nebenklägerin vertritt, sagte er: «Richten sie der Familie bitte aus, dass es mir wirklich leidtut.»
In der Anklage heißt es, dass der Erpresser 15 Millionen Euro verlangt hatte – andernfalls würden private Fotos und Videos der Familie Schumacher im Darknet veröffentlicht.
15 Millionen Euro gefordert
Der Hauptangeklagte sagte am Dienstag, er habe zwei Festplatten mit Bild- und Videomaterial von dem Mitangeklagten, einem Gleichaltrigen aus Wülfrath bei Wuppertal, bekommen. Der habe ihm gesagt, dass er das Material von einer Krankenschwester habe. «Ich wollte es denen zurückgeben. Ich dachte, ich könnte mit der Geschichte ein bisschen Geld verdienen. Die Summe sollte durch drei geteilt werden. Zwischen 10 und 15 (Millionen Euro) sollten es sein. Ich habe dann direkt 15 genommen.»
«Ich habe die Dateien runter geladen und vervielfältigt auf vier USB-Sticks. Meinen Sohn habe ich gebeten, eine E-Mail-Adresse zu erstellen, die nicht rückverfolgbar ist.» Er habe sich zunächst mehr als Makler gesehen, der das Material zurückgebe. «Das ist blöde gelaufen. Was soll ich dazu sagen?» Ihm habe man gesagt, das Material komme von einer Krankenschwester.
Vater und Sohn gestehen
Der Geständige ist der mutmaßliche Haupttäter, der sich in Untersuchungshaft befindet. Ihm wird versuchte Erpressung in einem besonders schweren Fall vorgeworfen, den beiden anderen Beihilfe dazu.
«Ich sehe meinen Fehler ein», sagte sein mitangeklagter 30-jähriger Sohn. Er habe die E-Mail-Adresse für seinen Vater eingerichtet, ein Video aufgenommen von einem Telefonat seines Vaters mit einer Mitarbeiterin der Schumacher-Familie und E-Mails für seinen Vater verschickt. Dass es um Michael Schumacher ging, habe er erst spät erfahren.
Dritter Angeklagter hat laut Anwalt mit Sache nichts zu tun
Der dritte Angeklagte, der zeitweise bei der Familie Schumacher auf deren Anwesen in der Schweiz wohnte, ließ von seinem Verteidiger eine Erklärung verlesen. Darin räumt er ein, von Corinna Schumacher persönlich mit der Digitalisierung von privatem Bildmaterial beauftragt gewesen zu sein.
Als er als Subunternehmer von der Familie abgezogen wurde, sei sein Zimmer, als er seine Sachen abholen wollte, durchwühlt gewesen. Eine Festplatte sei verschwunden und ihr Verbleib nie hinterfragt worden. Sein Mandant habe mit der ganzen Sache nichts zu tun, sagte der Verteidiger am Rande der Verhandlung.
Eine Mitarbeiterin der Schumacher-Familie sagte als Zeugin aus, der Erpresseranruf sei auf einer Handy-Nummer eingegangen, die nur einem kleinen Kreis bekannt gewesen sei. Man habe zunächst jemand anderen als den angeklagten Ex-Mitarbeiter verdächtigt. «Jemand, der Zugang zur Familie hatte und nicht mehr für uns arbeitete.»
Das sei eine Krankenschwester gewesen, der man wegen ihrer Pflegeleistung gekündigt habe. «Wir haben da unschöne Dinge gesehen.» Nach Angaben der Staatsanwaltschaft hatten sich Verdachtsmomente gegen die Frau aber nicht erhärtet.
Schumacher-Mitarbeiterin sagt aus
Es seien auch schon früher Bilder angeboten worden. In einem Fall stammten die Fotos 2021 vom Pflege-Computer. Sie seien aber ohne Geldzahlung zurückgegeben worden. Es habe sie auch mal ein Konstanzer Anwalt kontaktiert, der Personen aus dem Rotlichtmilieu vertritt. Es sei aber immer klar gewesen, dass man sich nicht erpressen lasse, sagte die Mitarbeiterin.
Als dann ein Zeuge (47) aus dem Konstanzer Türsteher-Milieu auftaucht, wird es kurios. Er ziehe seine 33-seitige Aussage bei der Polizei zurück. Er habe sich zu einer Falschaussage verleiten lassen und wisse von der Sache in Wirklichkeit nichts. «Ich will hier Ihre Zeit nicht vergeuden.»
Zuvor hatte der Hauptangeklagte aber bereits ausgesagt, dass er den 47-Jährigen gefragt habe, ob er einsteigen und gemeinsame Sache machen wolle. Der 47-Jährige sei erbost gewesen, als er sein Angebot zurückgezogen habe.
Ein weiterer Zeuge aus Konstanz berichtet, auch ihm sei das Material gezeigt worden. Er sei gefragt worden, ob er Interesse hätte mitzumachen. Er habe aber abgelehnt. Dass es um eine Erpressung ging, sei nicht gesagt worden.
Nach einer schweren Kopfverletzung bei einem Ski-Unfall Ende 2013 schirmt die Familie Michael Schumacher konsequent ab. Das Gericht ließ beim Prozessbeginn Michael Schumachers Ehefrau Corinna als Nebenklägerin zu. Sie wird im Verfahren durch einen Anwalt vertreten.
Sehr sensible Daten wie Fotos und Krankenakte
Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft sagte, es seien nicht nur 900 Bilder und fast 600 Videos der Familie sichergestellt worden, sondern auch die digitalisierte Krankenakte von Michael Schumacher. Die Daten seien außerordentlich sensibel.
Der 53-jährige Wuppertaler und mutmaßliche Haupttäter ist nicht nur vorbestraft, er soll bei seiner Festnahme zudem unter Bewährung gestanden haben. Mit einem Urteil wird erst im neuen Jahr gerechnet. Das Gericht hat fünf Verhandlungstage angesetzt.
Quelle: dpa