«Dieses Scheitern der Ampel muss allen Demokraten eine Mahnung und Warnung sein», so Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst., © Henning Kaiser/dpa

Landtag im Wahlkampf – Wüst: Ampel schadete der Demokratie

Gut zwei Monate vor der anstehenden Bundestagswahl bringt sich der nordrhein-westfälische Landtag auf Wahlkampftemperatur. In der Generaldebatte zum Haushalt 2025 machte Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) die zerbrochene Ampel-Koalition für einen Vertrauensverlust in die Demokratie verantwortlich. «Was wir in den letzten drei Jahren in Berlin erleben mussten, hat unserer Demokratie schwer geschadet», sagte der CDU-Politiker. 

Der Umgang der Ampel aus SPD, Grünen und FDP mit Herausforderungen, Krisen und ihr Umgang miteinander habe Vertrauen zerstört. Das Scheitern der Ampel habe dazu geführt, dass Deutschland in schwierigen Zeiten ohne echte Führung dastehe. «Dieses Scheitern der Ampel muss allen Demokraten eine Mahnung sein», so Wüst. 

Versprechen von Wohlstand wird nicht mehr eingelöst

Auch der Abbau Tausender Arbeitsplätze bei Ford, Thyssenkrupp, Volkswagen, Evonik und anderen Unternehmen rüttele an den Fundamenten der Demokratie, sagte Wüst. Denn immer mehr Menschen hätten das Gefühl, dass das Versprechen vom Wohlstand für alle sich nicht mehr einlösen lasse. 

Wenn das aber nicht mehr einlösbar sei, «schwindet auch Vertrauen in unsere Demokratie». Das sei schon heute spürbar. «Immer mehr Menschen wenden sich entweder komplett von der Politik ab oder Populisten und Extremisten zu.»

SPD wirft Union und Wüst soziale Spaltung vor

SPD-Oppositionsführer Jochen Ott warf der CDU und Wüst dagegen eine Spaltung der Gesellschaft vor und forderte eine soziale Wende im Land. «Wir erleben gerade massive Angriffe auf das Bürgergeld», sagte Ott. 

Dieser Angriff werde von Leuten geführt, die «eine Regierung gegen den Sozialstaat» führen wollten, sagte der SPD-Landtagsfraktionschef mit Blick auf Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz und das Wahlprogramm von CDU und CSU. «Die Merz-CDU glaubt, sie könnte ihren Sozialabbau leichter durchsetzen, wenn sie Menschen gegeneinander ausspielt.»

Sozialkürzungen in NRW im Fokus

Auf massive Kritik stießen in der Debatte die von CDU und Grünen im NRW-Haushalt durchgesetzten Kürzungen im Sozialbereich, auch wenn die Regierungsfraktionen diese nach Massenprotesten etwa zur Hälfte um 43 Millionen Euro wieder zurückgenommen hatten. Auch CDU und Grüne in NRW hätten sich in einer für die Demokratie prekären Lage gegen den Sozialstaat entschieden, sagte SPD-Politiker Ott.

«Schwarz-Grün ist eine soziale Rückschrittskoalition.» Unter Ministerpräsident Wüst sei «der schlimmste Sozialabbau seit Jahrzehnten» möglich geworden. 

Wüst entgegnete, NRW sei ein Land, «in dem Solidarität großgeschrieben wird». Die Regierung habe sich die Sorgen im sozialen Bereich genau angehört und das Gespräch gesucht. Eine tragfähige Lösung sei schließlich gefunden worden. 

Die mitregierenden Grünen machten deutlich, wie schwer ihnen die Kürzungen fielen. «Es ist ein absolutes Dilemma, dass in schwierigen Zeiten ausgerechnet bei denjenigen, die Hilfe und Unterstützung brauchen, gespart werden muss», räumte Fraktionschefin Verena Schäffer ein. Dieses Dilemma müsse überwunden und die Solidarität der Gesellschaft auch im Haushalt abgebildet werden. 

Die FDP hält die Sozialkürzungen für falsch. Die Einsparungen bei der Familienbildung, der Schuldnerberatung, beim Schutz gewaltbetroffener Frauen und bei der Suchthilfe hätten eine der größten Demonstrationen der Landesgeschichte mit 32.000 Menschen zur Folge gehabt, sagte FDP-Fraktionschef Henning Höne. «Wer bei diesen Hilfen heute spart, erntet morgen viel höhere Folgekosten.» Auch politisch könne er die Kürzungen nicht nachvollziehen, gehe es dabei doch nur um 0,04 Prozent des Haushalts.

Ausgaben in Höhe von sechs Millionen Euro für Regierungs-PR zeigen nach Worten Hönes, dass die Landesregierung unter Wüst die «Entpolitisierung der politischen Debatte» beherrsche. «Aber sie bleiben Verantwortungsflüchtlinge.» Das Motto von Schwarz-Grün sei: «Wir regieren hier zwar, aber wir haben doch mit der Lage im Land nichts zu tun.»

«Schuld haben immer die anderen»

CDU-Fraktionschef Thorsten Schick sagte in Richtung Opposition: «Sie hauen Sprüche raus, wir kümmern uns um Lösungen.» Er verwies auf die Rezession in Deutschland. «Während alle anderen G7 Länder Wachstum verzeichnen, sinkt die deutsche Wirtschaftskraft, weil es die SPD-geführte Bundesregierung versäumt hat, etwas für Wachstum zu tun.» Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) habe mit «Doppelwumms» und «Bazooka» mehrfach die Trendwende angekündigt. «Eingeleitet hat er sie nicht.»

AfD-Fraktionschef Martin Vincentz bezeichnete den Landeshaushalt als «fiskalpolitische Dubai-Schokolade: außen schwarz, innen viel grüner Brei und insgesamt alles gnadenlos zu teuer und überbewertet». Schuld an den Zuständen seien für die Landesregierung immer die anderen: der Bund, die AfD, der Klimawandel, Russland, Corona. «Das Leben ist mit Ihnen eine unabwägbare Dauerkrise, bei der nur eines sicher ist: Es wird teuer für den Bürger.»

NRW-Rekordetat mit mehr als 105 Milliarden Euro

Nach rund fünfstündiger Debatte verabschiedete der Landtag schließlich mit den Stimmen der schwarz-grünen Regierungsfraktionen den Rekordhaushalt für 2025. Die NRW-Regierung plant für das kommende Jahr Ausgaben in Höhe von 105,5 Milliarden Euro ein – knapp drei Milliarden mehr als 2024. 

Dabei will Schwarz-Grün erneut die sogenannte Konjunkturkomponente der Schuldenbremse nutzen, um innerhalb der verfassungsrechtlichen Grenzen neue Kredite bis zu einer Höhe von gut zwei Milliarden Euro aufnehmen zu können. Es sollen jedoch in diesem Rahmen nur so viele Schulden aufgenommen werden wie nötig. Fazit der FDP: «Haushaltspolitik ist und bleibt die Achillesferse dieser Koalition.»

Quelle: dpa