Die kommunalen Arbeitgeber warnen vor den Folgen der aus ihrer Sicht überzogenen Forderungen der Gewerkschaften für den öffentlichen Dienst. (Symbolbild), © Christophe Gateau/dpa

Tarifverhandlungen: «Mehr frei kann nicht die Lösung sein»

Die Gelsenkirchener Oberbürgermeisterin Karin Welge (SPD) hat an die Gewerkschaften appelliert, ihre Forderungen in den Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst zu relativieren. «Mehr frei» könne nicht die Lösung sein, sagte Welge im «Morgenmagazin» von WDR 2. Gemeinsam mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser führt die Präsidentin der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) die Verhandlungen auf Arbeitgeberseite. 

Die Arbeitnehmervertreter sagten, durch mehr Freizeit werde der öffentliche Dienst attraktiver, klagten aber gleichzeitig über eine zu hohe Arbeitsverdichtung, stellte Welge fest. «Jetzt werden wir ja nicht innerhalb von wenigen Monaten ungleich mehr Menschen in den öffentlichen Dienst bekommen. Deswegen geht die Formel am Ende des Tages nicht aus.»

Arbeitgeber: Mehr frei bedeutet mehr geschlossene Kitas

Sie erinnerte an die Wirkung der Entlastungstage, die es seit 2022 für Vollzeitbeschäftigte im kommunalen Sozial- und Erziehungsdienst gibt. «Das hat dazu geführt, dass teilweise Kinder-Tageseinrichtungen mehr geschlossen worden sind und alle waren unzufrieden: sowohl die Mitarbeitenden, die genau dafür gestreikt haben, als auch die Eltern», bilanzierte Welge. «Und deswegen, glaube ich, kann das nicht die Lösung sein: Attraktivitätssteigerung durch mehr frei.»

Die Gewerkschaften, der Bund und die kommunalen Arbeitgeber setzen heute in Potsdam ihre Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst fort. Die Gespräche betreffen rund 2,5 Millionen Beschäftigte des Bundes und der Kommunen. Das sind unter anderem Erzieherinnen und Erzieher, Krankenpfleger, Busfahrerinnen und Feuerwehrleute sowie zahlreiche weitere Berufsgruppen. In den vergangenen Tagen hatten sie vielerorts bereits mit Warnstreiks auf ihr Anliegen aufmerksam gemacht. 

Verdi und der Beamtenbund dbb fordern acht Prozent mehr Einkommen, mindestens aber 350 Euro mehr im Monat, und drei zusätzliche freie Tage. Die Arbeitgeber legten in der ersten Runde Ende Januar noch kein Angebot vor. 

«Keine Luft nach oben»

Die Forderungen der Arbeitnehmerseite beliefen sich insgesamt auf weit über zehn Prozent für ein Jahr, kritisierte Welge. Angesichts der Tatsache, dass die Wirtschaft in der Rezession sei, müssten eigentlich alle darum ringen, das Leistungsspektrum zu erhalten. 

Die Kommunen seien mit 160 Milliarden Euro verschuldet und kämpften verzweifelt für eine Altschuldenlösung. Teilweise könnten Linien im öffentlichen Personennahverkehr nicht mehr bedient werden, weil die Unternehmen chronisch unterfinanziert seien. Das Beispiel zeige ganz deutlich, dass aufseiten der kommunalen Arbeitgeber «von Luft nach oben oder einer großen Varianz gar nicht die Rede sein kann», sagte Welge. Deswegen sei es «mitnichten so, dass wir ein Angebot vorlegen müssen».

Quelle: dpa