Island steht vor einem Regierungswechsel. Bei der vorzeitigen Parlamentswahl auf der Nordatlantik-Insel wurde die bislang oppositionelle Sozialdemokratische Allianz (Samfylkingin) mit 20,8 Prozent der Wählerstimmen stärkste Kraft. Dies entspricht einer Verdopplung ihres Ergebnisses im Vergleich zur Wahl 2021, wie aus vorläufigen Zahlen hervorging, die der Rundfunksender RÚV nach Auszählung aller abgegebenen Stimmen veröffentlichte. Die Wahlbeteiligung am Samstag betrug rund 80 Prozent.
Regierungskoalition abgewählt
Während neben den Sozialdemokraten auch andere Oppositionsparteien starke Zugewinne verzeichneten, stürzten die drei bisherigen Regierungsparteien teils kräftig ab: Die liberalkonservative Unabhängigkeitspartei von Ministerpräsident Bjarni Benediktsson landete trotz Verlusten mit 1,4 Prozentpunkten Rückstand auf die Sozialdemokraten zumindest auf Rang zwei. Schlimmer traf es die in der politischen Mitte angesiedelte Fortschrittspartei, die von mehr als 17 auf unter 8 Prozent abrutschte. Die Links-Grüne Bewegung flog nach mehr als 12 Prozent im Jahr 2021 sogar aus dem Parlament. Künftig sind nur noch sechs statt acht Parteien im Althing in Reykjavik vertreten – neben den Links-Grünen scheiterte auch die Piratenpartei an der Fünf-Prozent-Hürde.
Eine Fortführung der Regierungskoalition, die erst fast sieben Jahre lang von der Links-Grünen Katrín Jakobsdóttir und seit April von ihrem Nachfolger Benediktsson angeführt wurde, ist damit ausgeschlossen. Die Koalition hatte lange Zeit mit großen Unstimmigkeiten etwa in Migrations- und Energiefragen zu kämpfen, weshalb sie Mitte Oktober letztlich auch zerbrochen war.
Sozialdemokraten dürften Sondierungsauftrag erhalten
Damit dürften die Sozialdemokraten um ihre Vorsitzende Kristrún Frostadóttir bald mit der Regierungsbildung beauftragt werden. Sie kommen allein auf voraussichtlich 15 der 63 Parlamentsmandate, womit sie für eine Mehrheit auf mindestens zwei Juniorpartner angewiesen sind. Möglich wäre etwa eine Mitte-Koalition mit der Liberalen Reformpartei (Vidreisn) und der Volkspartei. Als eher unwahrscheinlich wird dagegen eine Zusammenarbeit mit Benediktssons Unabhängigkeitspartei betrachtet.
Quelle: dpa