Der Personalmangel bleibt aus Sicht von vielen Schulleiterinnen und Schulleitern in Nordrhein-Westfalen Problem Nummer eins: Rund zwei Drittel (64 Prozent) der Schulleitungen sehen den Lehrkräftemangel als das größte Problem an ihrer Schule, wie aus einer von der Gewerkschaft VBE beauftragten Forsa-Umfrage hervorgeht.
Es seien erneut viele Belastungsfaktoren und Defizite offenkundig geworden, es brauche bessere Rahmenbedingungen, forderte der Verband Bildung und Erziehung. «Schulleitungen stehen seit Jahren vor Dauerbaustellen, die frustrierend wirken», sagte der NRW-Vorsitzende Stefan Behlau laut Mitteilung. Schulministerin Dorothee Feller (CDU) betonte erneut, das Land gehe den Lehrkräftemangel aktiv an.
Für die Untersuchung waren vor wenigen Wochen 1.311 Schulleitungen deutschlandweit etwa zu Schulalltag, Arbeitszufriedenheit oder Belastungsfaktoren befragt worden, darunter 253 in NRW. Die Umfrage ist laut VBE repräsentativ für Bund und Land.
NRW-Schulpolitik erhält Note 4,2
Es zeigte sich, dass inzwischen fast die Hälfte (46 Prozent) der Schulleitungen in NRW ihr Amt «wahrscheinlich nicht» oder auf «keinen Fall» weiterempfehlen würde. Das sei der schlechteste Wert für NRW seit der ersten Untersuchung 2018 und ein alarmierendes Signal, betonte der Verband bei der Vorstellung der Ergebnisse beim Deutschen Schulleitungskongress in Düsseldorf.
Dennoch sagte die große Mehrheit – unverändert 83 Prozent – der Schulleitungen in NRW, sie übe den Beruf «sehr gern» oder «eher gern» aus. Die Schulpolitik in Nordrhein-Westfalen wurde von den Befragten im Mittel mit der Note 4,2 bewertet.
Ansprüche an Schulen werden als Belastung gesehen
Als besonders belastend werde von den Schulleitungen die Anspruchshaltung empfunden, «dass die Schule alle aufkommenden gesellschaftlichen Probleme lösen soll». Das gaben 95 Prozent der Befragten in NRW an. Außerdem: Steigende Verwaltungsarbeit, immer mehr Aufgaben, eine Überlastung des Kollegiums, knappe Ressourcen und zu wenig Zeit wurden häufig als Belastungen genannt.
Für eine Umsetzung des ab 2026 neu geltenden Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung in den Grundschulen fehle es aus Sicht vieler Schulleitungen an Personal und Räumen.
«Von unbesetzten Stellen sind in Nordrhein-Westfalen weiterhin mehr Schulen betroffen als im Bundesdurchschnitt», hieß es. Rund 55 Prozent der befragten Schulleitungen in NRW gaben an, dass mindestens eine der eigentlich zur Verfügung stehenden Lehrkräftestellen zu Beginn des laufenden Schuljahres nicht besetzt war.
Und: Bei 17 Prozent der Schulen war eine Stelle unbesetzt, bei ebenfalls 17 Prozent waren es zwei Stellen und bei 21 Prozent sogar drei oder mehr vakante Stellen. Zudem sagen 80 Prozent, dass an ihrer Schule auch Personen ohne Lehramtsqualifizierung tätig seien – oft Lehramtsstudierende.
Schulministerin mahnt zur Geduld
«Den Mangel an Lehrkräften gehen wir aktiv an», sagte Schulministerin Feller der «NRZ»
(«Neue Ruhr Zeitung»/«Neue Rhein Zeitung»). Er könne aber nicht per Knopfdruck behoben werden, es brauche einen langen Atem. Die CDU-Politikerin verwies zudem auf eine Arbeitsgruppe, die ihr Ministerium mit Schulleiterinnen und Schulleitern ins Leben gerufen habe, «um Schwerpunkte für eine künftige Schulleitung in NRW zu erarbeiten.» Man schaue genau hin, wie man die Schulleitungen noch besser unterstützen könne.
Aus der CDU-Landtagsfraktion hieß es, um die Führungskräfte zu entlasten, seien die Leitungszeiten in den vergangenen Jahren mehrfach heraufgesetzt worden. Auch die Eigenverantwortung der Schulen sei deutlich gestärkt worden.
Aus Sicht der SPD-Fraktion zeigt die Befragung, dass Schulleitungen noch immer eine viel zu große Last schultern müssten. Vor allem an Grund- und Förderschulen werde händeringend nach Schulleitungen gesucht. Diese sollten aus Sicht der Oppositionsfraktion selbstbestimmter entscheiden können und mehr Spielraum bei der Entwicklung von Lehrplänen, Stundentafeln und der Einstellung von Personal erhalten. Die bisherigen Konzepte der Schulministerin zur Bekämpfung des Personalmangels hätten nicht das gewünschte Ergebnis gebracht. «Deshalb muss jetzt mehr kommen.»
Quelle: dpa